Ich bin auf dem Weg zum Abschlusskonzert von Bukahara in Münster. Voller Vorfreude und gleichzeitig angespannt. Auf dem Handy läuft die zweite Halbzeit meines Lieblingsvereins SV Darmstadt 98 gegen den SC Freiburg. Es steht kurz vor Schluss immer noch 1:1. Freiburg ist aber am Drücker. Ein scharfer Ball kommt in den Strafraum und wird in Richtung Tor per Kopf gefährlich verlängert. Im Tor steht Alexander Brunst, der Mann, der mit 28 Jahren sein Bundesliga-Debüt gibt. Dass er da steht, grenzt eigentlich an ein Wunder.
“Grob und Feinmotorik glatt null”
Mit 12 konnte Alexander Brunst Bälle fangen, aber nicht so gut, wie er selber. Er war grob- und feinmotorisch nicht begabt. “glatt null”, wie er selber sagt. Mit 12 Jahren hat das spezifische Torwarttraining in der Regel schon angefangen. In meiner Zeit bei als Torwarttrainer bei Fortuna Köln, konnten die 12 jährigen fast alle spezifischen Torwarttechniken schon im Grundsatz, waren mit Stellungs- und den drei Zonen vertraut, um entscheiden zu können, welche Technik sie einsetzen sollen. Ein Torhüter, der den Ball nicht gut oder technisch richtig fangen kann? Das wäre für mich schwierig gewesen in den Trainingsbetrieb unterzubringen. Dass Alexander Brunst also überhaupt Torhüter geworden ist, ist sehr besonders.
Meine Erfahrung mit Bundesligatorhütern.
Die Torhüter:innen Position ist ohnehin schon besonders. Es gibt nur eine Möglichkeit zu spielen. Genauso wie einige Rollen im Orchester nur einmal vorhanden sind. Auch im Fernsehen gibt es manchmal das Gefühl immer nur der zweite Nachrichtensprecher oder Moderator:in zu sein. Das ist schon eine besondere Herausforderung.
Mentale Herausforderung für Profis.
In meiner Zusammenarbeit mit Ersatztorhütern der Bundesliga wurde das immer wieder deutlich: Oft im Schatten und ohne die Sicherheit, zu spielen, müssen sie stets mental bereit sein. Erschwerend kommt hinzu, dass Ersatzspieler in der Regel nicht dieselbe Aufmerksamkeit vom Cheftrainer erhalten wie die Stammspieler. Die Anspannung und Nervosität ist ohnehin bei Torhüter:innen oft hoch. Ein Fehler ist sichtbar auf der Anzeigetafel. Ein Fehler des Stürmers meistens nicht.
Mit engagierter Mutter und professioneller Hilfe zum Erfolg.
Brunst bedankt sich bei seiner Mutter nach dem Spiel, die unentwegt mit ihm zur Ergotherapie gefahren ist. Hätte sie auf den Rat der Trainer damals gehört, hätte vermutlich niemand gesagt, er würde es schaffen. Ich mit Sicherheit auch nicht. Wobei ich mir das nicht erlaubt hätte zu sagen. Daran geglaubt hätte ich mit Sicherheit nicht. Er hat es geschafft. Und aus meiner Sicht auch mit herausragender Ausstrahlung.
Die entscheidende Parade.
Brunsts entscheidende Parade, die Abwehr eines Kopfballs kurz vor Schluss, sicherte ein 1:1 und zeigte nicht nur seine technische Fähigkeit, sondern auch seine mentale Stärke und ist vor allem eine Ermutigung. Und ich freue mich besonders, dass er in meinem Lieblingsverein spielt:)