In der Serie” Mein Auftritt der Woche” teile ich jede Woche einen Auftritt aus dem Netz, der mich bewegt hat. Welche Auftritte haben dich zum schmunzeln, lachen oder weinen gebracht? Schicke mir sie gerne per E-Mail oder Instagram und ich “feature” diesen gerne hier.

Mein Auftritt der Woche ist dieses mal ein Abtritt. Ashleigh Barty gennant “Ash” – gerade einmal 25 Jahre alt – erste der Tennis-Weltrangliste – sagt bybe bye. Mit einem Lächeln auf den Lippen und Tränen in den Augen. Man soll aufhören, wenn’s am Schönsten ist. Das Denken sich viele und tun die wenigsten. Ash hat’s getan. Grund genug für mich als Auftrittscoach einmal genauer hinzuschauen, was Ash bewogen hat und was wir auf unseren eigenen Bühnen von ihren Auftritten und diesem Abtritt lernen können.

Was Rudi Völler wohl denkt?

2015 beendet der Fußballprofi Marcell Jansen seine Karriere. Mit 29. Zweimal WM-Dritter, einmal Vize-Europameister, bei Gladbach, Bayern und dem HSV unter Vertrag, verspürte Jansen keine Lust mehr ein anderes Wappen zu küssen. Den Fussball noch immer im Herzen, etwas Neues vor Augen. Rudi Völler konnte das nicht verstehen und tat das, was Menschen gerne tun: von sich auf andere schliessen und verstieg sich zu der steilen These: “Dazu habe ich zu gerne Fussball gespielt. Wer so was macht, hat den Fußball nie geliebt.” Ashleigh Barty dürfte Rudi Völler ohnehin nicht kennen und falls doch dann würde sie ihm wohl schmunzelnd antworten: “Ich liebe meinen Sport, aber ich jage jetzt Träumen statt Bällen hinterher.”

Ich bin so frei

“Es ist hart, aber richtig für mich” hat Ashleigh Barty zu ihrem Rücktritt gesagt. Es war ihre freie Entscheidung, es war ihre Reife, zu erkennen, was ihr gut tut und was ihr weniger gut tat. In diesem Tenniszirkus, der von seinen Protagonist*innen ein  Höchstmaß an Disziplin und Entbehrungen verlangt und doch auf verletzliche Charakter wie eben Ash oder Nadal und Federer angewiesen ist. Ihr männlicher Kollege Andy Murray schrieb in einem Tweet so schön, er sei glücklich für sie, für Tennis sei es eine Katastrophe. Für viele war Ash ein Vorbild, sie war nicht nur unglaublich erfolgreich sondern auch ebenso beliebt. Das ist selten in der Sportart der Ausnahme-Einzelkönner*innen.

“Lieber fröhlich Basketball als ernsthaft Tennis”

Das Motto stammt von Ashleigh Bartys Landsmann Nick Kyrgios. Kyrgios war nie die Nummer 1 der Welt, eher in der Top 10 der Tennis-Clowns, auch weil er seine Familie, seine Freunde und sein zu Hause genauso geliebt wie seinen Sport. Ash wird wohl kein Basketball eher ab und zu mal Cricket spielen, aber auch sie liebt ihren Sport und ihre Familie: „Ich werde nie aufhören, den Sport zu lieben, und ich werde nie aufhören, Tennisbälle zu schlagen. Nur werde ich es einfach nicht mehr egoistisch tun, um zu versuchen, meine Karriere voranzutreiben.“ Sie könne es kaum erwarten ihre Nichten und Neffen zu unterrichten, um ihnen die Liebe zu ihrem Sport näher zu bringen.

Tu, was Dir gut tut

Wir können von Ash lernen, dass wir alle Bühnen, die wir betreten auch wieder verlassen können. Auch wir sind so frei. Ja, das hat Konsequenzen, aber wenn wir auf die Reaktionen schauen, die ihr Abtritt erzeugt hat, dann darf man behaupten: Mut zahlt sich aus und Flow ist nur mit echter Freude zu haben. Dann, wenn wir bei uns bleiben, für uns spielen und vertraute Menschen an unsere Seite wissen. Dann, wenn wir keine Angst mehr vor unseren Schwächen haben, dann sind wir stark genug, dem zu folgen, was uns gut tut.

„Mein Name wird in der nächsten Rangliste gestrichen. Es wird eine spannende Zeit für die WTA-Tour mit einer neuen Nummer eins.”

Und für Dich. Mehr geht nicht. Danke Ash, well done. 

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