Patti Smith ist eine absolute Ikone. Die “Godmother of Punk” wird sie auch genannt. Sie ist Musikerin, Lyrikerin, Poetin und eine der vermutlich angesehensten Künstlerinnen auf unserem Planeten. Zu Recht, wie ich ganz persönlich finde. Wer sie nicht kennt, wird mindestens ein Lied kennen. »Because the night…belongs to lovers«, was sie anlässlich der Geburt ihrer beiden Kinder Jesse und Jackson geschrieben hat.

Power und Authentizität zugleich.

2021 durfte ich sie in Paris zweimal hintereinander beim Konzert erleben und im Anschluss die Band um Lenny Kaye und ihre Kindern, Jackson und Jessy kennenlernen. Sie performt mit 75 Jahren (!) auf eine Art und Weise, die mich zutiefst beeindruckt. Absolute Power und Authentizität zugleich. Ich habe noch nie so viele Menschen über 40 weinen und gleichzeitig abfeiern sehen, wie auf diesen beiden Konzerten.

“Ich habe noch nie einen Texthänger gehabt.”

Aber auch mit der ganzen Erfahrung, kann plötzlich Nervosität da sein und es passieren “Fehler”, sogar richtige Blackouts. Und das, obwohl sie noch nie einen Texthänger hatte. Ähnlich wie mein Gast Jojo Berger von Querbeat in Podcast Folge 8 erzählt. (Hier geht es zum Blogpost und der Folge)

Nobelpreisverleihung für Bob Dylan

Bei der Nobelpreisverleihung für Bob Dylan sang sie ein Lied von ihm (der nicht anwesend war) »A Heartrate is gonna fall«. Bei der Verleihung ist das Königspaar anwesend, ein Orchester mit dem sie spielt, ziemlich viele Nobelpreisgewinner und andere bedeutungsvolle Menschen. Die Zeremonie wird live übertragen, weltweit. Sie fühlte sich bereit, auch nach den Proben. »Ich kannte den Song seitdem ich ein Teenager bin.« sagte sie später als Gast in einer Talkshow.

»Ich weiß nicht, was passiert ist. Ich bin erstarrt.« 

Hier ist das Video dazu, ein paar Sekunden vor dem Texthänger. Aber es lohnt sich, von vorne anzuschauen.

“I’m sorry. I apologize. I’m so nervous.”

Sie bricht ab. Sie entschuldigt sich. »I’m sorry. I’m so nervous«, das Publikum klatscht. Im Nachgang erzählt sie, dass sie die ganze Energie spüren konnte. »Der König und die Königin, wussten, dass ich das kann.« Und gleichzeitig ist sie immer noch etwas beschämt.

Das Publikum honoriert immer die Wahrheit.

Es war einer der schwierigsten Momente für sie auf der Bühne. Und gleichzeitig: »Wenn ich eine Sache als Performerin gelernt habe, ist dass das Publikum die Wahrheit immer akzeptiert.«

Auch Patti Smith fehlt nichts, wenn sie nervös ist und dir daher schon gar nicht.

Es ist ein so tolles Beispiel dafür, dass es nicht darum geht, Lampenfieber »zu besiegen« oder das diese ab einer gewissen Erfahrung nicht mehr auftaucht. Der Körper reagiert auf die Situation, die Gründe sind aber nicht entscheidend. Auch für erfahrene Bühnenprofis ist das vielleicht keine unwichtige Erkenntnis. Deswegen ist es auch höchst professionell, sich auf die jeweils verschiedenen Settings vorab mental vorzubereiten.

Jojo Berger erzählt im Podcast, dass er es immer super fand, wenn eine Band unterbrochen und neu angesetzt hat, weil sie das Ganze ja für das Publikum macht. Und Patti Smith macht genau dasselbe. 

Am Schluss gewinnen alle.

Im Anschluss an die Zeremonie seien so viele Menschen auf sie zugekommen und fast erleichtert gewesen, weil sie sich in der Situation selbst wiedererkannt haben erzählt sie später in einer Talkshow über den Auftritt. Und es ist ein klarer Beweis dafür, wie wohlgesonnen einem das Publikum in solchen Situationen ist. Das mag für PolitikerInnen manchmal anders sein – für KünstlerInnen gilt das nicht.

Patti Smith über ihren Texthänger.

Bei Skavlan erzählt sie ausführlich über die Situation.

 

 

 

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Wer mehr wissen möchte, Arte hat eine schöne Doku über Patti Smith in ihrer Online-Mediathek.

https://www.arte.tv/de/videos/100838-000-A/patti-smith-poesie-und-punk/

Foto: Während des Konzertes im Oktober in Paris.