Ohne meinen Vater würde ich vermutlich nicht das machen, was mir so viel Freude bereitet. Mein Beruf wäre ein anderer und auch wie ich diesen ausüben würde, wäre vermutlich vollkommen anders. Das lag an einigen Dingen, die er mir wohl bewusst und unterbewusst mitgegeben hat. Ob es mehr der Psychologe in ihm gewesen ist, der mich motiviert hat anderen Menschen zuhören zu behilflich sein zu wollen oder der mitfiebernde und sportbegeisterte Papa, der bei Wettkämpfen sich mit mir ärgerte? Vermutlich beides.

Artikel in der Psychologie Heute

In der aktuellen Ausgabe der Psychologie Heute 10/2023 hat Gabriele Meister mit mir einen Beitrag darüber geschrieben, wie ich meinen Vater aus der Halle schmiss. Wieso das für mich wichtig gewesen ist und wie toll er reagiert hat und ich gleichzeitig heute Kindern und Eltern es etwas anders wünsche, ist darin nachzulesen. (Hier zum Artikel)

Mehr Druck, Aufregung und Lampenfieber

Ob er wollte oder nicht, es hat auf jeden Fall zu mehr Aufregung, Druck, Anspannung und Lampenfieber bei mir geführt. Wichtig ist dabei zu erwähnen, dass er in einem ganz normalen Maße mitgefiebert hat. Im übrigen so, wie ich viele Eltern in meiner Zeit als Fussballtrainer erlebt habe, meine Freunde oder ganz besonders auch meine Geschwister heute erlebe. Vermutlich wäre ich genauso mit meinen Kindern.

Wie kann ich das als Musiker:in nutzen?

Die Affekte, die Eltern an der Seitenlinie durch die Glieder schiessen sind natürlich normal. Sie sind in etwa so, wie wenn ich meinen Lieblingsverein mir anschaue. Da will ich, dass die gewinnen und schon ist der Stress da. Die Objektivität geht im übrigen auch bei mir flöten. Gerade gestern habe ich mich erwischt, wie ich eine Schiedsrichterentscheidung gegen meinen Lieblingsverein vollkommen undifferenziert betrachtete. Gleichzeitig bedeutet ein Affekt, dass ich “unfrei” bin in diesem Moment.

Was also tun?

Ein erfahrener Musiker und Professor, der einige tolle Musikerinnen bereits ausgebildet hat, fragte mich mit Mitte 50, was er tun könnte, damit es seinen Schüler:innen bei Vorspielen gut geht. Ich war echt überrascht über die Frage. Meine Antwort: “Hast du sie mal gefragt, was Ihnen gut tut? Ob sie dich dabei haben wollen oder nicht, ob du ihnen gut zu reden sollst oder eher nicht?”

Was ich Eltern raten würde

Vielen Eltern würde ich empfehlen, selber Neugierde an dem Thema zu entwickeln. Den eigenen Affekt zu lösen, eigenen Druck und Anspannung zu mindern, auch wenn sie auf einer liebevollen Beziehung aufbaut, kostet Energie und überträgt sich (nicht immer) auf andere Menschen im Raum. Manche Zusammenarbeit mit Heranwachsenden Sportler:innen habe ich im übrigen aufgrund der Haltung der Eltern ablehnen müssen. Denn nicht die Kinder hatten das Problem… .

Meine 7 Tips

“Ratschläge sind auch Schläge” sagt mein Vater bis heute. Jetzt kommen diese auch noch von einem kinderlosen 40ziger, der ungern in Imperativen spricht. Von daher ein paar Tips bzw. Ideen, die wie so viele meiner Ideen genial bis genial daneben sein können:

  • ❓ Frag deine Kinder, was ihnen gut tut.
  • 😶 Bewerte nicht die Leistung nach einer Performance, warte ab und frage nach.
  • 🤐 Halt die Klappe an der Seite und bespreche mit Kind und Trainer, was ok und förderlich ist.
  • 🤔 Wenn du deine Affekte nicht im Griff hast, hast du eine Quelle für mehr Leichtigkeit gefunden;)
  • 🤾‍♀️ Erlaube dir mit deinen Kindern auszuprobieren.
  • 👻 Achte darauf, wie du über Performance von anderen sprichst.
  • ❣ Der einzige Satz, den man sich eigentlich nur merken muss ist: „Es macht mir Spass dir beim Spielen zuzusehen oder hören.“

Meine 7 Tips

Heute weiß ich, dass ich eine eigene Art der Fortentwicklung bin und meinem Vater mehr als dankbar. Das hat auch gedauert. Schließlich will man ja so viel anders machen. Insbesondere bin ich ihm dafür dankbar, dass er mir so viel mitgegeben hat und ich ihn bis heute zum Austausch, für Diskussionen, Streit und Versöhnung oder einfach nur das herzhafte Lachen über die kleinen (ungefährlichen) Missgeschicke anderer an meiner Seite weiß. Seine Ordnungsliebe und Struktur ist bei meiner Weiterentwicklung bislang auf der Strecke geblieben. Aber vielleicht wird sie in einer neueren Version von mir selbst mit ins Programm aufgenommen.

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Photo Sarah Buth und Psychologie Heute