“Als eine Amerikanerin war ich angeekelt.” Cassidy Hutchinson sitzt im Untersuchungsausschuss des US Kongresses. Sie sitzt aufrecht und wirkt dennoch verängstigt. Die Stimme brüchig. Als würde sie sich wieder in der Situation des 6. Oktobers 2021 befinden. Der Tag an dem es in der ältesten Demokratie der Welt, fast zu einem Umsturz kam. Da wo sie jetzt sitzt, geht es um nichts mehr als die Frage, ob der ehemalige Präsident Trump dafür verantwortlich ist. Der Umgang mit diesem Thema wird für die weitere Entwicklung der USA entscheidend sein.

Wer ist Cassidy Hutchsinon?

Cassidy Hutchinson ist 26 Jahre alt. Und taucht als Überraschungszeugin auf. Sie war enge Mitarbeiterin Trumps und auch Anhängerin. Als Assistentin des Stabschefs Mark Maedows lag ihr Büro nur wenige Meter vom Oval Office entfernt. Sie bekam einiges mit. Zusätzlich nahm sie als “Rechte Hand” Maedows an Sitzungen teil, zu der jemand in ihrer Funktion normal nicht eingeladen wird.

Trump rastet aus, als sein Justizminister ihm widerspricht.

So bekam sie mit und erzählt im Ausschuss, was sie alles direkt und aus zweiter Hand miterlebt hat. Sie spricht sehr konkret von Trumps Wutausbruch, Ketchup an der Wand und zerbrochenen Tellern, kurz nachdem Trump mitbekommen hat, dass sein damaliger Justizminister öffentlich sagte, dass er keine Untersuchungen wegen angeblicher Wahlmanipulation aufnehmen wird. Es gibt schlichtweg keine Hinweise. Bereits im Vorfeld des 6. Januars erzählt sie von einer seltsamen Stimmung und Aussagen wie ihres Chefs Maedows “Things might get real, real bad on January 6th.” Das ist nur ein Beispiel. Nachdem ich das ganze Video gesehen habe, musste ich erstmal eine Runde mich selber tappen.

Viel hat nicht gefehlt.

Den Staatsstreich hätte es fast gegeben. Am Tag als der Kongress, das Parlament der ältesten Demokratie, gestürmt wurde sind 5 Menschen gestorben und das es nicht schlimmer ausgegangen ist, ist unter anderem einem sehr beherzten Polizisten zu verdanken. Eine ARD Dokumentation zeigt auf verstörende Art und Weise, wie in einem ganz wichtigen Moment der Polizist Eugene Goodmann alleine gegenüber dem wütenden bewaffneten Mob gedankenschnell in eine Richtung ging, die von der Kongresshalle ablenkte, wo die Abgeordneten sich unter den Sitzen versteckt hielten. (Hier zu einem Video der Washington Post, welche sein Verhalten zeigt)

Nichts zu gewinnen, aber alles zu verlieren

Was ich so bemerkenswert an dem Auftritt von Cassidy Hutchinson finde ist, dass sie mit ihrem Auftritt und 26 Jahren mehr zu verlieren hat als zu gewinnen. Auch, wenn ihr klar gewesen sein wird, dass sie nicht über Nacht, sondern über wenige Stunden zur polarisierenden Person der USA wird, charakterliche Diskreditierung (character Assasination) Morddrohungen, sexistische Äusserungen, das ganze Programm – wissen ist nicht erleben. Und aus der Arbeit mit Menschen, die in der Öffentlichkeit vermute ich stark, dass sie all das noch gar nicht “begreifen” wird. Sondern einfach ihr moralischer oder Wertekompass einfach diese Fragen, ausblendete.

Ihr Chef und andere ältere Mitarbeiter sagen nicht aus.

Ein Dutzend ihrer wesentlich älteren Kollegen, habe sich nicht getraut auszusagen. Auch für ihre Karriere ist dieser Auftritt vermutlich ein Todesstoss bzw. wird es äusserst schwer sein, einfach als Mitarbeiterin ihr Ding zu machen. Ab jetzt ist, sie die, die Trump verraten oder entlarvt hat, je nach eigener Gesinnung. Und auch vor ihrer Aussage soll sie bedroht worden sein. Vermutlich von einem weiteren engen Mitarbeiter Maedows, wie die Frankfurter Rundschau berichtet. (FR vom 2.7., Abruf 07.07. 16:05 Uhr – Link)

Zweifaches Opfer

Es wird auch hier wieder stimmen geben, dass was jetzt auf sie zukommt, “das wusste sie vorher” oder “das ist eben der Preis”. Solche Sätze sind wirklich mittlerweile auch für mich schwer zu ertragen, denn richtig ist, dass Trump & Co. sie in diese Lage gebracht. Und für die Zivilcourage wird sie vermutlich nicht belohnt werden. Man müsste sagen, obwohl sie wusste, was kommen wird, hat sie sich das getraut. Für mich daher ein couragierter und mutiger Auftritt, den es zu würdigen gilt.

Mein Auftritt der Woche – Tapping mit 20.000 Menschen im Madison Square Garden

Ein Vorbild für andere auch auszusagen

Ich hoffe, dass sie gut begleitet und betreut wird, familiär und professionell. Ich ziehe meinen imaginären Hut vor dieser Frau, die als Trump Anhängerin nicht nur in der Lage war, ihre Meinung zu ändern, nachdem sie sich selber ein Bild von der Situation gemacht hat. Sondern sie hat das vor der ganzen Nation getan, mehr als ein dutzend Kameras. In diesem Sinne macht ihr Auftritt Mut, denn auch hier wollen sich scheinbar jetzt doch Menschen äußern, die im Weissen Haus gewesen sind. Es bleibt abzuwarten, was daraus wird, genauso wie aus Cassidy Hutchinson, einen unfassbaren Mut, hat sie längst bewiesen. Vielleicht nimmt das ganze noch eine positive Wendung und sie ist ein Beispiel für andere, auch auszusagen.

 

 

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